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Oberon Trio Gießener Allgemeine vom 19.01.2020

Fesselnd und inspiriert

von Dr. Olga Lappo-Danilewski
 

Zwei anspruchsvolle Werke, drei Künstler von Spitzenniveau, ein begeistertes Publikum: Am Samstag gastierte das Oberon Trio (Berlin) auf Einladung des Vereins Gießener Meisterkonzerte im Hermann-Levi-Saal des Rathauses in der Reihe der Winterkonzerte.

Die Musiker des Oberon Trios sind seit ihrem Zusammenschluss 2006 auf internationalen Konzertpodien zu Hause und auch in Gießen keine Unbekannten; vor gut drei Jahren eröffneten Henja Semmler, Antoaneta Emanuilova und Jonathan Aner die Winterkonzert-Saison. Nun waren sie wieder zu erleben.

Mit Beethovens Klaviertrio in B-Dur, das der 31-jährige Komponist 1811 schrieb und dem jungen Erzherzog Rudolph aus dem Haus Habsburg widmete, wählten die Musiker ein vielfarbiges, ausdrucksstarkes Opus. Zwischen liedhafter Lyrik und raumgreifender Dramatik imponiert eine reiche Skala von Harmonien und Themen in kunstvollem Ineinandergreifen. Von den optimistischen ersten Takten an fesselten die Künstler in ihrer musikalisch durchdrungenen Interpretation der vier Sätze. Dynamik und Eleganz mit Staccato an den Tasten und Pizzicato bei den Streichern im Allegro moderato - hier wie in den folgenden Sätzen wirkten die Rollen der Instrumente klar herausgearbeitet und in fein abgestimmter Kongruenz in ein harmonisches Klangbild gefasst. Nach der temperamentvoll intonierten Coda sprachen volkstümliche Klänge und Dreivierteltakt-Schwung an: das Scherzo brachte Wiener Atmosphäre in den Raum. Ganz entrückt gelang der dritte Satz mit den Variationen im verträumten Andante. Synkopierte Passagen und burleske Ruppigkeiten darin ließen aufhorchen, bevor der letzte Satz als knackig gespieltes Finale imponierte. Ausgefeiltes Zusammenwirken begeisterte ebenso wie die individuelle Gestaltungskraft von Henja Semmler (Violine), Antoaneta Emanuilova (Cello) und dem souveränen Jonathan Aner am Klavier.

Publikumsnähe auf Wortebene entstand in einer kurzen Pausenconférence auf der Bühne, zu dem Dieter Lindheimer, Impresario und diesmal auch Blätterer am Flügel, Fragen an die Künstler stellte. Die spontan geführte Plauderei warf Licht auf ihre Arbeit und die Werke des Abends. Dessen zweiter Teil füllte eine komplexe, anspruchsvolle Komposition, die man selten in Konzertsälen erlebt: Peter I. Tschaikowskys einziges Werk dieser Gattung, das Klaviertrio a-Moll op. 50, in seiner gedanklich ausladenden Form voller Eigenzitate und typischer Wendungen. Die elegische Stimmungsmalerei in drei Sätzen mit farbenreichen Variationen komponierte der Russe 1881 in Rom und widmete sie seinem verstorbenen Freund, dem Pianisten Nikolai Rubinstein.

 

Nicht nur dem Tasteninstrument, sondern in besonderem Maß auch Geige und Cello sind herausragende Aufgaben in musikalischem Ausdruck und technischem Können zugeordnet. Die hohe Kompetenz der Musiker war durchgehend zu spüren.

Schwelgerisch und von nie nachlassender Spannung präsentierten sie nach dem schmerzvollen Adagio des einleitenden "Pezzo elegiaco" die Variationen. Trauermarsch-Takte, Walzer und sanglich-intime Momente stehen neben orchestralen Dimensionen, die das Trio mit suggestivem Einsatz und musikalischem Herzblut in saalfüllenden Klang verwandelte.

Ergreifende Momente künstlerischer Inspiration faszinierten - hier zeigte sich wieder einmal, dass Musik eine Ausdrucksebene bedient, die mit Worten nur unzulänglich zu fassen ist. Rauschender Beifall!