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Gießener Allgemeine (von Sascha Jouini)

Frappierende Musizierkunst

Gießen (jou). Violinistin Mariana Osipova, Cellist Jan Ickert und Pianist Dmitry Ablogin hatten bei den Winterkonzerten bereits in anderen Formationen ihr Können demonstriert und glänzten nun in einem erfreulich gut besuchten Sonderkonzert. Das Einzige, was dem Klaviertrio noch fehlt, ist ein prägnanter Name.

Mariana Osipova, Dmitry Ablogin und Jan Ickert (v. l.) bei der Zugabe. © Sascha Jouini

Osipova und Ickert eröffneten das Programm im Hermann-Levi-Saal mit dem früher Joseph Haydn zugeschriebenen, womöglich von Leopold Hofmann stammenden Duo D-Dur. Die beiden spielten die sangbare Thematik recht graziös. Das ruhige Tempo unterstrich im Kopfsatz die Innigkeit. Auch beim zweiten Satz widerstand das Duo Verlockungen zu eilen und achtete auf formale Anschaulichkeit. Durchweg gefiel, wie fein die Künstler artikulierten und wie behutsam sie die fragile Musik darboten.

Im Mittelpunkt des Abends standen Werke von Franz Schubert. In dessen Fantasie C-Dur, D 934 entfaltete sich über einem dichten Klavierklangteppich die melancholische Violinmelodie. Osipova spielte zart, doch ausdrucksvoll, Ablogin lieferte eine schillernde Begleitung. Typisch für Schubert mutete das Thema im tänzerischen Allegretto-Teil an. Hier traf das Duo ansprechend den drängenden Gestus und baute vorausschauend Entwicklungen auf. Genauso sensibel meisterten die Musiker die Variationen. Virtuoses wirkte locker aus dem Ärmel geschüttelt. Zudem gerieten Übergänge zwischen den Abschnitten raffiniert, dies verdeutlichte, wie organisch alles miteinander verwoben ist.

Schuberts Klaviertrio Es-Dur, D 929 war als Hauptwerk an den Schluss gestellt. Das Ensemble brachte die resolute Eingangsthematik auf den Punkt und gefiel durch feine Interaktion. Ablogin führte die Fäden am Flügel souverän zusammen. Das war Musizierkunst auf frappierendem Niveau. Da breiteten sich gedankenversunkene Melodien in »himmlischen Längen« aus und erfuhren intensive Steigerungen. Besonders zu loben ist, wie nuanciert der Pianist in der Tongebung auf seine Ensemblepartner einging - gerade im »Andante con moto«. Die dynamische Interpretation wirkte tiefgründig. Nach all dem Innehalten nahm das »Scherzando« mit in zuversichtlichere Sphären und erinnerte an eine Utopie in politisch düsteren Zeiten. Spielerisch-leichte und kecke Wendungen führten im »Allegro moderato«-Finale zu geballten dramatischen Spitzen. Das »Andante con moto tranquillo« aus Felix Mendelssohn Bartholdys Trio Nr. 1 als Zugabe vermittelte wie Schubert Sehnsucht, dies jedoch auf eine dem Leben mehr zugewandte Weise, und bildete den gelungenen Ausklang eines starken Konzerts. Sascha Jouini

 

 

 

Gießener Anzeiger (von Heiner Schultz)

Glücksgefühle im Levi-Saal

Sie beherrschen alle Tonlagen: Mariana Osipova, Dmitry Ablogin und Jan Ickert im Hermann-Levi-Saal. Foto: Schultz © Schultz


Gießen . Einen großen Erfolg konnte der Verein Meisterkonzerte bei einem Sonderkonzert am Sonntag im Levi-Saal verzeichnen, als Mariana Osipova, Jan Ickert und Dmitry Ablogin - »das Klaviertrio« - die üblichen Grenzen von Musikalität und Handwerk erweiterten. Die Musiker waren schon alle als Solisten in der Stadt zu Gast und erfreuen sich seither höchster Anerkennung. Und ihr Programm mit Werken von Haydn und Schubert riss das Publikum zu einem Beifallssturm hin.
Los ging’s mit Joseph Haydns Duo für Violine und Cello D-Dur Hob. VI:D1 in drei Sätzen. Mariana Osipova an der Geige und Pianist Ablogin musizierten in vorzüglicher Kooperation. Sensibel und in sachtem Schritt gingen sie das Adagio an und arbeiteten die Nuancen fein heraus. Auffallend war die souveräne gemeinsame Dynamikgestaltung. Ab und zu gab es ein kleines Schmachten, dann wieder einen kleinen Temperamentsausbruch. Es war ein wunderbar kontrastreiches Klanggemälde, das besonders Osipova sichtbar lustvoll absolvierte - exzellent.
Bei Franz Schuberts Fantasie für Violine und Klavier in C-Dur D 934 in sechs Sätzen wurde sie noch besser. Mit einer attraktiven gemeinsamen Einblendung von Geige und Klavier wurde den Zuhörern Appetit gemacht auf das nachfolgende emotionale musikalische Auf und Ab. Ein ansteckend tänzerisches Allegro folgte, klanglich kraftvoll aufgefaltet. Die Kooperation war erneut großartig. Leidenschaft und Energie führten zu einem Klanggipfel, der im Folgenden sanft abgetragen wurde. Und es gab ruhige Phasen mit reduzierter Dynamik, die abwechslungsreich gestaltet waren. Beide Instrumentalisten agierten auf Topniveau: die Violine stellte sich als solistische Flamme dar, das Klavier fügte Feuer hinzu. Gemeinsam schufen Osipova und Ablogin einen wahren Klangsturm von drängender Intensität. Auffällig waren die Sicherheit der Violine in den ganz hohen intensiven Partien und der erzählerische Duktus; großartig.
Das Finale bestand dann in Schuberts Großwerk, dem Klaviertrio in Es-Dur, op. 100 (D 929) in vier Sätzen. Es hatte etwas von einem großen Auftakt, als es ans Allegro ging. Mit wunderschöner Dynamikdifferenzierung zeigten sich fast elegische Elemente und auch im Innehalten volles Temperament; immer wieder wurde spielerische Leichtigkeit spürbar. Dabei umfasst jeder der vier umfangreichen Sätze ein imposantes emotionales wie musikalisches Spektrum, das stets bis ins Furiose hineineicht. Für die Zuhörer war es eine ebenso befriedigende wie anspruchsvolle Aufgabe. Die Spielfreude der Akteure wirkte ansteckend.
Die Dichte der kompositorischen Einfälle und die mustergültig präzise und leidenschaftlich bewegte Spielweise sorgten für ein beseeltes Publikum. Dreimal mussten die Gässte schließlich auf die Bühne zurückkehren, der Beifall hörte einfach nicht auf.
Gerne gaben die Gäste dann noch ein kleines Schmankerl obendrauf: das »Andante con moto tranquillo« aus Felix Mendelssohn Bartholdys Trio Nr. 1. Noch einmal mühelos und in bester Laune wurde dieses Werk dargeboten. Fazit: Es war ein Topkonzert - schöner ging’s nicht.